LITERATUR-TAGEBUCH
16. November 2025
Lieblingsbücher (2)
Und noch fünf Bücher, die mich nachhaltig beeindruckt haben. Vom "Moby Dick" besitze ich fünf verschiedene Ausgaben -- das Buch selbst ist ein Leviathan! Ein wahres Unikum. Den Roman "Die Frau in den Dünen" von Kobo Abe hätte ich selbst gern geschrieben -- ja, so was gibt's. Was für ein Szenario: eine Frau im Kampf gegen den Sand ... An Hesses "Narziß und Goldmund" scheiden sich, wie ich wohl weiß, die Geister, vielen ist das zu klischeebehaftet und übertrieben neoromantisch. Ich habe es immer als ein wunderbares Märchen für Erwachsene empfunden. Calvinos Buch ist ein Paradebeispiel für einen "Roman", der gar keiner ist, Verlage benutzen das Etikett auf Teufel komm raus. "Die unsichtbaren Städte" besteht aus herrlich fantasievollen Versatzstücken. Und Conrads "Almayers Wahn" strotzt nur so vor Atmosphäre. Die noch lange nachwirkt.
15. November 2025
Lieblingsbücher (1)
Eine schwere Aufgabe, Lieblingsbücher zu bestimmen -- es gibt so viele! Dies ist eine erste Auswahl von Büchern, die mir mit die größte Lesefreude bereitet haben. Alle entführen in eine andere Welt und sind auf unterschiedliche Art abenteuerlich und exotisch. Manche sind ach so berühmt ... und doch sträflich unterschätzt, wie Kiplings "Dschungelbuch" -- was für ein schillerndes Werk! Bloß Jugendbuch? Ach was! Man vergesse getrost den verkitschten Disney-Zeichentrick! Und wer im Zuge des ganzen Hypes um den kleinen Prinzen Saint-Exupérys Flieger-Romane vergisst, ist selber schuld ... James Graham Ballards "Tag der Schöpfung" schildert eine sinnbildliche Fahrt auf einem afrikanischen Fluss, den es gar nicht gibt. Bariccos "Seide" ist als Erzählung so fein gesponnen wie das titelgebende Gewebe selbst. Travens "Das Totenschiff" gibt dagegen ein denkbar grob gesponnenes Seemannsgarn ab, das seinesgleichen sucht. Indem es den Wert des menschlichen Individuums bitter-zynisch zur Diskussion stellt.
25. Oktober 2025
Dass ich in der deutschen Ausgabe von Paul Austers Buch "In Flammen" als Übersetzer von Stephen Crane zitiert werde, freut mich natürlich. Dass mir an anderer Stelle unterstellt wird, ausnahmsweise einmal nicht akkurat übersetzt zu haben, freut mich dagegen weniger. Zumal der Übersetzer von "In Flammen" leider übersehen hat, dass es verschiedene Versionen von Stephen Cranes "Das offene Boot" gibt -- und ich die von mir gewählte sehr wohl korrekt übersetzt habe. Ich habe also mitnichten auf etwas "verzichtet". Ein bisschen genauer hinschauen hätte dem guten Mann (den ich hier namentlich nicht nenne) nicht geschadet. Wer da nicht akkurat gearbeitet hat, war nämlich er selbst ...
23. Oktober 2025
Heute ist der 220. Geburtstag des österreichischen Dichters (und Malers) Adalbert Stifter (1805-1868). Den ich erst vor gar nicht langer Zeit für mich entdeckt habe. Dann aber richtig! Nach dem Lesen seiner Erzählung "Der Hagestolz" gab es kein Halten mehr, es folgten "Abdias", "Der Hochwald", "Brigitta", "Der Waldsteig" und viele andere. Sein Biedermeier-Stil wird nicht jedermanns Sache sein (wer macht es schon allen recht?), aber für mich ist seine Prosa pure Erholung, ich falle da hinein und versinke. Ganz individuelle sprachliche Eigenheiten machen das Ganze umso interessanter. In Kürze steht sein Roman "Der Nachsommer" auf dem Programm ... Bild: Österreichische Nationalbibliothek
25. September 2025
Ein kleiner Auszug aus meinem Buch "Die Inseln, auf denen ich strande" -- auf Tschechisch. Mein ewiger Dank geht an den Verlag 65.pole in Prag und die Übersetzerin Martina Loskotová. Hier handelt es sich um "Die siebte Insel", mit Abstand die kürzeste Episode. Wäre eigentlich super geeignet für ein Textbuch im Tschechisch-Sprachkurs ...
5. September 2025
Zurück aus Erlangen, dort alljährlich Ende August zum POETENFEST. Eine seeehr intellektuelle Veranstaltung, wo auch viel intellektuell geschwurbelt wird ... wo man aber ungeachtet dessen immer wieder großartige Autor(inn)en erleben kann. In diesem Jahr etwa die wunderbare Eva Menasse. Zu den Highlights vergangener Jahre zähle ich unter anderem Peter Kurzeck, Jean-Philippe Toussaint und Andrej Kurkow. Vor allem die Lesung des mittlerweile verstorbenen Peter Kurzeck 2011 war ein einmaliges Erlebnis!
17. August 2025
Cover-Entwürfe für meinen Roman "Ein letzter Tag Unendlichkeit", erschienen 2015 im Unionsverlag in Zürich. Den ersten Entwurf (von links) wollte ich gerne, aber der Verlag dann doch nicht. Den dritten wollte der Verlag, ich aber absolut nicht. Der vierte ist es dann geworden, zum Glück.
Der Roman dreht sich um einen einzigen, sonnigen, vollkommen wolkenlosen Tag im Juli 1750. Kann man da vielleicht nachvollziehen, dass mir das Cover mit dem Wolkenhimmel nicht passte ...?
12. August 2025
Meine Ur-Ur-Großeltern väterlicherseits, aus einer flämischen Vorfahrenreihe der Bauern und Ziegelbrenner, ansässig in der ostflämischen Gegend von Aalst und Zottegem (damals noch Sottegem).
Was sie mit Literatur zu tun haben? Nun, ohne sie hätte es meine Bücher nicht gegeben ...
Und dass sie dereinst im Internet auftauchen, haben sie damals beim Fototermin nie und nimmer ahnen können.
5. August 2025
Kürzlich wieder mal, wie so oft, in Salzburg, eine meiner Lieblingsstädte. Auf dem Kommunalfriedhof befindet sich die Grabstätte der Familie Trakl. Deren berühmter Sprössling, der Dichter Georg Trakl, liegt dort jedoch widersinnigerweise nicht begraben. Die Überreste des im 1. Weltkrieg Verstorbenen wurden stattdessen nach Innsbruck überführt, wo er angeblich beerdigt sein wollte. Was von vielen Forschern mittlerweile bezweifelt wird.
In Salzburg erinnert heute vieles an den Sohn der Stadt. So auch die Tafel auf dem Familiengrab. Für einen, dessen Gedichte zu den eindrücklichsten in deutscher Sprache gehören.
1. August 2025
Die Tücken des Übersetzens ... In Stephen Cranes Erzählung "Das Monster" gerät man als Übersetzer an die knifflige Stelle, wo der Begriff "kitten" auftaucht. In einer früheren Übersetzung wurde das als "Kätzchen" verstanden (rechts im Bild). Nur dass sich das nicht recht in den Zusammenhang einfügen will.
Bei näherer Recherche erschließt sich "kitten" als Slang-Begriff aus den 1890er Jahren. Bedeutung: Ladenkasse (meine Übersetzung, links im Bild). Und so ergibt das dann auch Sinn ...
In solche Fallen kann jeder Übersetzer tappen. Erhöhte Wachsamkeit, mehr geht nicht.
26. Juli 2025
Mitte der 90er Jahre erschienen, eine frühe Erzählung, "Jahrhundertsommer". Ich hege heute den starken Verdacht, dass ich den Abdruck in "Styx 96" vor allem meiner belgischen Staatsbürgerschaft verdanke, denn damals war der Fall Dutroux hochaktuell, und man dachte wohl, ich hätte die Geschichte über einen Mädchenmörder daraufhin verfasst. In Wahrheit stammt sie aus dem Jahr 1984.
Ach, wenn die Verleger immer wüssten ...











